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Die Schafe bleiben unbeeindruckt. Geschickt bewegen sie sich auf den steilen Hängen rund um den Bichlhof und behalten genau im Auge, ob an der einen oder anderen Stelle schon Gräser und Kräuter in der warmen Frühlingssonne sprießen. Wie nebenbei festigen sie bei ihren Spaziergängen den Boden und leisten so einen Beitrag zur Biodiversität und für die Bewirtschaftbarkeit der Flächen. „Unsere Schafe haben wirklich goldene Klauen. Mit ihrem sicheren Tritt verfestigen sie die Grasnarbe im Boden. Wo in steilen Lagen vor zwei Jahren noch kein Gerät eingesetzt werden konnten, können wir jetzt danke der Tiere mit dem Mäher arbeiten“, erklärt Magdalena.
Heuwirtschaft in Steillage
Die Hänge in Fügenberg sind so steil, dass sie mit normalem Gerät nicht befahren werden können. Nur etwa 7 Hektar können zumindest mit einem Mähtrak, einem geländegängigen Mini-Traktor gekreiselt werden, um den Trocknungsvorgang des Heus am Feld zu beschleunigen und die Qualität zu erhöhen. Gemäht und eingebracht wird die Heuernte auf den 9 Hektar Futterflächen mit handgeführten Mähern und der guten alten Sense.
Diese zu bedienen hat Magdalena schon vor langer Zeit gelernt: „Ich bin auf einem Gasthof mit angeschlossener Landwirtschaft aufgewachsen. Besonders mein Großvater hat mir vieles beigebracht, was man zur Heuernte wissen und können muss. Zum Beispiel das Mähen mit der Sense in unwegsamem Gelände. Mein Opa war sehr belesen und hat schon damals einen nachhaltigen Ansatz in der Landwirtschaft verfolgt. Das inspiriert mich bis heute,“ blickt die Heumilchbäuerin gerne auf diese prägende Zeit zurück.
Alle helfen zusammen
Dass ihr dieses landwirtschaftliche Wissen einmal täglich bei der Arbeit helfen würde, ahnte Magdalena damals noch nicht. Nach dem Studium der Lebensmitteltechnologie arbeitete sie unter anderem im Bereich Forschung und Entwicklung bei der Firma Spitz in Oberösterreich, bis ihr „der Hannes dazwischengekommen ist.“ Erst kam die Liebe, dann die Hofnachfolge. Heute sorgt die junge Familie für 9 Heumilchkühe mit Nachzucht, 5 Schafe mit ihrem Nachwuchs und einige Hühner – im Nebenerwerb, denn neben Hannes arbeitet auch Magdalena als Qualitätsmanagerin in Teilzeit. „Wenn ich arbeite, kümmert sich der Schwiegerpapa um alles. Dafür entlasten wir ihn an den anderen Tagen,“ erklärt Magdalena, wie alle am Bichlhof zusammenhelfen. Eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft ist das Ziel der Familie, zu dem alle auf ihre Weise beitragen.
Ein nachhaltiges Paradies für Vögel und Insekten
Die große Leidenschaft von Schwiegervater Ludwig etwa ist die Obst-Veredelung. Aktuell stehen 60 Obstbäume in der Einfahrt und warten darauf, ausgepflanzt werden. Die Hecken der Weideflächen sind schon jetzt mit über 500 Obstbäumen und Büschen bepflanzt. „Das ist ein wahres Refugium für die Artenvielfalt. Auf den Ästen und im Unterholz leben verschiedenste Insekten wie Käfer, Bienen und Heuschrecken, auch Blindschleichen finden hier Unterschlupf. Vögel bauen ihre Nester und haben ausreichend Nahrung, denn wir können nie alle Früchte der Apfel-, Birnen- und Pfirsichbäume, Himbeer-, Brombeer- und Erdbeerstauden ernten,“ beschreibt die Heumilchbäuerin ihr persönliches Schlaraffenland, das besonders behutsam gepflegt wird. „Hier mähen wir nur ganz vorsichtig mit der Sense.“
Frühling am Heumilchbauernhof
Magdalenas liebster „Job“ am Bichlhof steht jetzt im Frühling kurz bevor: „Am schönsten ist für mich der Weideaustrieb der Tiere, der je nach Witterung Ende April oder Anfang Mai startet. Die Heumilchkühe beobachten schon in den Wochen zuvor ganz genau, wie die Zäune aufgestellt werden. Wenn es dann so weit ist, gibt es kein Halten mehr. Unsere alte Elsa überholt die ‚Jugend‘ und ist immer als erste auf der Weide,“ schmunzelt Magdalena.
Bis die kleine Herde auf den Wiesen und Weiden „so richtig Gas geben kann“, ist jedoch noch einiges zu tun: Neben dem Vorbereiten der Zäune werden Maulwurfshügel begradigt, die Grasnarbe gelockert und an manchen Stellen nachgedüngt. Hier ist die steile Lage des Bichlhofs von Vorteil, denn beim Ausbringen des natürlichen Düngers kommt die Schwerkraft ins Spiel: „Auf etwa einem Drittel der Flächen haben wir ein mobiles Rohr-Leitungssystem, über den der hofeigene Dünger transportiert werden kann. Dann wird sie über einen Schlauch einfach verteilt,“ erklärt die Heumilchbäuerin. Ganz so einfach ist das Ausbringen des Düngers dann aber doch nicht, korrigiert sie sich schmunzelnd: „Nach dem ersten Mal musste ich schon dreimal Haare waschen. Zum Glück macht das meistens mein Schwiegerpapa mit Hannes, meinem Mann!“
Traditionelle Wirtschaftsweise in nächster Generation
So tragen in Magdalenas Familie alle mit ihrem Wissen und besonderen Fähigkeiten zum Erfolg des Familienbetriebes bei. „Durch meinem Hintergrund als Lebenstechnologin schätze ich die hohe Qualität der Heumilch besonders,“ betont Magdalena. Die traditionelle Wirtschaftsweise ist ihr in allen Bereichen wichtig. Die Arbeit ihrer verstorbenen Schwiegermama dient als Inspiration für das neueste Projekt: Sie hat immer einen schönen Garten für den Eigenbedarf gepflegt. Das möchte Magdalena nun wieder aufleben lassen. In ihrer knappen Freizeit überlegt die junge Bäuerin, welche Gemüsesorten im Jahreslauf benötigt werden und plant die Aussaat der verschiedenen Pflanzen. So wird in diesem Jahr ein weiterer Ort am Bichlhof entstehen, an dem es wächst und blüht – auch wenn kein Weg gerade ist.
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