Im Portrait Richard Haneberg „Nachhaltig ohne Kompromisse“

 
„Viele kleine Menschen, die viele kleine Schritte tun, können die Welt verändern.“ Das ist das Credo von Heumilchbauer Richard Haneberg aus Kempten. Er möchte die Welt auf alle Fälle zum Besseren verändern. Unter anderem durch „abgestuften Wiesenbau“.

Das Leben und Arbeiten von Richard Haneberg ist von nachhaltigem Tun geprägt. Das beweist der Bayerische Klimapreis von 2017. Und das zeigt vor allem das Leben und Arbeiten auf seinem mittlerweile über 400 Jahre alten Bauernhof im schönen Allgäu. Diesen bewirtschaftet er gemeinsam mit seiner Frau Cilli und dem ältesten Sohn Dominikus. Am Hof leben noch dessen Frau Nadine und deren dreifacher Nachwuchs. 45 Kühe und 35 Stück Jungvieh der Rasse „Schwarzbuntes Rind alter Zuchtrichtung“ bevölkern den großzügigen Laufstall und die umliegenden Weiden. Die Hanebergs kümmern sich um etwa 40 ha Grünland und 3 ha Wald.

 

Die Anfänge

Schon vor der Betriebsübernahme 1986 von seinen Eltern haben sich Richard und Cilli eingehend mit der künftigen Bewirtschaftung auf ihrem Bauernhof beschäftigt. „Wir waren von Anfang an für eine nachhaltige Wirtschaftsweise, die einen wesentlichen Beitrag zum Schutz von Mensch und Umwelt leistet“, erzählt Richard. Der studierte Land- und Agrarwirt besucht gemeinsam mit seiner Frau Seminare für ökologischen Landbau, erkundet Bio-Betriebe in der Nachbarschaft und wird schließlich Naturland-Mitglied. 1993 folgt die Umstellung auf einen ganzjährigen Heubetrieb, die Heutrocknung wird installiert und die Hanebergs produzieren fortan Bio-Heumilch. Ein Weg, den Richard und Cilli wieder gehen würden und von dem auch Sohn Dominikus überzeugt ist.

 

Das ist „abgestufter Wiesenbau“

Ein Kernstück in der bäuerlichen Arbeit der Hanebergs ist der „abgestufte Wiesenbau“, der auch als „abgestufte Grünlandnutzung“ bekannt ist. Wird das Grünland in der näheren Umgebung häufig bis zu 6-mal jährlich innerhalb von ein bis zwei Tagen gemäht, machen die Hanebergs das anders. „Wir bewirtschaften die Grünlandflächen innerhalb unseres Hofes mit unterschiedlicher Intensität“, erklärt Richard. Als Biobetrieb müssen Richard und Dominikus mit wirtschaftseigenem Dünger wie Gülle für ihr Grünland auskommen. Der abgestufte Wiesenbau macht das möglich. Die Düngung konzentriert sich auf ertragsbetonte Flächen. So können sich hier wie auch auf den extensiv bewirtschafteten Flächen passende Pflanzenbestände entwickeln. „Das Gründland auf den Mineralböden mähen wir maximal 4x, jenes auf den Moorböden nur 3x. Durch die Beschränkung der Nutzungshäufigkeit auf 3 bis 4 Schnitte ist gewährleistet, dass Nährstoffabfuhr und Nährstoffrücklieferung aus wirtschaftseigenem Dünger ausgeglichen sind. Zudem gehen wir nie alle Flächen auf einmal an, sondern arbeiten mosaikartig.“ Das heißt, dass Flächen zeitlich und räumlich gestaffelt geschnitten werden. Der große Vorteil dabei: Die Artenvielfalt nachhaltig gefördert bzw. sogar gesteigert. Eine Grundvoraussetzung für Futter von höchster Qualität. Die Pflanzen können sich außerdem selbst vermehren und es muss nie nachgesät werden. „Und es ist doch auch schön, dass Insekten wie Bienen oder Hummeln etwas vom mosaikartigen Wirtschaften haben – sie finden nämlich laufend Nahrung und Rückzugsmöglichkeiten auf unserem Grünland.“

 

Nur Kleie als Zusatz
Die hohe Qualität des hofeigenen Heus macht es auch möglich, dass die Hanebergs kein Kraftfutter zugeben müssen. „Unsere Schwarzbunten bekommen lediglich etwas Kleie mit in den Trog, in Summe maximal 500 kg“, berichtet Richard.

 

Kuhwohl de luxe

Kuh am Haneberg’schen Hof müsste man sein! Richard und Dominikus betreiben Rinderzucht auf hohe Lebensleistung. „Wir haben ein Herdendurchschnittsalter von knapp 7 Jahren mit 4,5 Jahren Nutzungsdauer und einer Lebensleistung von ca. 30.000 kg Milch pro Kuh. Damit kommen wir in unserem Betrieb langsam an ein Ziel, das weit über dem Durchschnitt liegt“, erläutert Richard. Die Tiere sind in einem weitläufigen Außenklima-Boxenlaufstall mit begrüntem Stalldach untergebracht. In den Liege boxen befindet sich Laubeinstreu, jeder Kuh stehen etwa 12 m2 zur Verfügung. Mit ein Grund, warum alle Horn tragen. „Und wenn eine Kuh mal unruhig ist, stecken wir ihr Golfbälle, die vom nahen Golfplatz immer wieder bei uns landen, an die Spitzen – das funktioniert bestens“, grinst der Heumilchbauer, der ein wahrer Ausbund an Nachhaltigkeit ist. Weshalb eigentlich? „Unsere Familie ist der Meinung, dass jeder Einzelne seinen Beitrag leisten muss, wenn es darum geht, die Situation für unsere Umwelt, die Natur und unsere Mitgeschöpfe zu verbessern“, legt Richard seine Überzeugung dar. Der beste Ansporn dafür seien seine sechs Enkel. Der jüngste ist gerade mal ein paar Wochen alt.

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